Symposium „‚weiter schreiben!‘. Karl Valentin zum 141. Geburtstag“
„Kunst kommt von Können, nicht von Wollen, sonst hieße es ja Wunst“
Karl Valentin
Nun ja, eigentlich hätte man Karl Valentins Geburtstag im Jahr 2022 feiern müssen, schließlich ist der Münchner Komiker und Erfinder des modernen Witzes im Jahr 1882 geboren worden, als Valentin Ludwig Fey. Aber die krumme Zahl passt zu diesem krummen Leben, das den gelernten Schreiner und berufsmäßigen Spediteur zum Kabarett und zum Film brachte. Valentin wurde zum Komiker und Sprachakrobaten, zum Künstler und Schauspieler, Filmemacher und Humorarchivisten. In den 1920er Jahren mauserte er sich gemeinsam mit Liesl Karlstadt zum Star der Berliner Theaterszene, unter den Nationalsozialisten sank sein Stern und als er 1948 starb, war er mehr oder weniger vergessen worden, mit Sicherheit aber verarmt.
Gott sei Dank, so möchte man sagen, hat man Karl Valentin wiederentdeckt: Als Vordenker und Vorturner einer sowohl ironischen wie grotesken Haltung zum Leben und zur Politik. Das macht ihn bis heute interessant, zum Beispiel für jene Arbeiterliteratur, die sich abseits der Werkbank für die komischen Seiten der proletarischen Existenz interessiert. Auch der so genannte Ruhrpottwitz hat Valentin einiges zu verdanken. Man denke nur an die Mülheimer Schule um Helge Schneider (2018 Gewinner des Karl-Valentin-Preises), an Jürgen von Manger oder Herbert Knebel. Zudem ist Valentin, bei allem Talent für Parodie und Nonsens, ein Spezialist des deutschen Bildungsbürgertums gewesen, von Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Karl Kraus und Thomas Mann gleichermaßen geschätzt.
Wer heute Valentins Texte liest und Filme sieht, der bekommt das tiefenscharfe Bild einer deutschen Poesie geboten, die sich zwischen Witz und Barbarei, Unterhaltung und politischer Indienstnahme entscheiden muss. Man denke nur an die ersten Zeilen aus Valentins „Unpolitischer Rede“: „Hochgeehrte Versammlung! Es freut mich ungemein, daß Sie, wie Sie, wenn Ihnen das sozusagen irgend jemand beispielsweise, oder daß Sie gewußt hätten, widrigenfalls ohne direkt, oder besser gesagt inwiefern, nachdem naturgemäß es ganz gleichwertig erscheint, ob so oder so, im Falle es könnte oder es ist, wie erklärlicher Weise in Anbetracht oder vielmehr
warum es so gekommen sein kann oder muß, so ist kurz gesagt kein Beweis vorhanden, daß es selbstverständlich erscheint, ohne jedoch darauf zurückzukommen“ usw.
Aber Valentin taugt nicht nur zum historischen Objekt. Auch die Literaturwissenschaften können einiges von ihm lernen, über die Kunst des Surrealismus, die Quellen des Absurden und die unterschätzten Formen der
Literatur: Anekdote und Spruch, Sketch und Miniaturgroteske. Kurz gesagt: Zu Karl Valentins 141. Geburtstag möchte sich dieses Symposium der Bedeutung eines deutschen Humorklassikers widmen, mit Kritik und Witz, mit einem Auge für Valentins avantgardistische Medienexperimente, mit einem anderen für die Arbeiterund Humorkultur des Ruhrgebiets.
PROGRAMM
10.30 Uhr: Begrüßung
11.00 Uhr: Klaus Gronenborn, Technische Universität Dortmund
12.00 Uhr: Hajo Diekmannshenke, Universität Koblenz-Landau
13.00 Uhr: Pause
14:00 Uhr: Martin Stingelin, Technische Universität Dortmund
15.00 Uhr: Sandra Fluhrer, Universität Erlangen-Nürnberg
16.00 Uhr: Pause
16.30 Uhr: Josef Memminger, Goethe-Universität Frankfurt am Main
17.30 Uhr: Sabine Rinberger, Valentin-Karlstadt-Musäum München
18.30 Uhr: Abschlussdiskussion
VERANSTALTER
Technische Universität Dortmund
Fakultät Kulturwissenschaften
Professur für Neuere deutsche Literatur von 1750 bis zur Gegenwart mit einem Schwerpunkt in der kulturwissenschaftlich akzentuierten Literaturtheorie
Prof. Dr. Martin Stingelin
Emil-Figge-Str. 50
44227 Dortmund
KONTAKT
claas.morgenroth@tu-dortmund.de
tobias.lachmann@tu-dortmund.de