Des Rätsels Lösung
Liebe Rätselfreund*innen,
Trommel – Trommel – Trommel – Trommelfell, Trommelwirbel, Blechtrommel? Jaaaaa! Der sechste Erste Satz war der Anfgangssatz der Blechtrommel von Günter Grass. Im Jahre 1959 schlug dieser pralle Jahrhundertroman, als erster Teil der späteren Danziger Trilogie entstanden, so wuchtig ein wie eine Bombe und katapultierte den gelernten Steinmetz, Grafiker und Bildhauer Günter Grass, der bis dato erst mit einem Gedichtband in Erscheinung getreten war, mit einem Schlag in den Olymp der literarischen Schwergewichte und die deutsche Nachkriegsliteratur zurück auf die Weltbühne.
Die Geschichte, die 1899 auf einem kaschubischen Kartoffelacker beginnt und 1955 in einer geschlossenen Pflegeanstalt in Düsseldorf endet, verhandelt mehr als fünf Jahrzehnte deutscher Geschichte und wird erzählt von einem monströsen Kind-Gnomen namens Oskar Matzerath, jenen „hellhörigen Säuglingen“ zugehörig, deren „geistige Entwicklung schon bei der Geburt abgeschlossen ist und sich fortan nur bestätigen muss“. Dieser Oskar, dessen Stimme Glas zerspringen lässt und der mit seiner Blechtrommel den Menschen seinen Willen aufzuzwingen im Stande ist, beschließt mit drei Jahren nicht mehr zu wachsen. In einer Mischung aus kindlicher Naivität und perfider Boshaftigkeit, mit einem Ausdruck tabuloser, vor Kraft strotzender Derbheit und schamloser Detailfreude, ist der Protagonist so atemberaubend ungeheuerlich wie der ganze Roman unerhört großartig ist.
Konservative, Kirche und Soldaten liefen Sturm gegen das „perverse“, „blasphemische“ und „jugendgefährdende“ Werk. Als Grass 1960 den Literaturpreis der Stadt Bremen erhalten sollte, legte der Bremer Senat sein Veto ein und düpierte damit die Jury. Unmöglich könne man einem Autor den Preis geben, dessen Buch schon bald indiziert werden könnte, so argumentierte die damalige Bildungssenatorin. Vierzig Jahre nach dem Erscheinen der Blechtrommel, wurde Grass 1999 der Literaturnobelpreis zugesprochen.
Politisch, streitbar und in den letzten Jahren seines Lebens nicht nur wegen seiner erst spät offenbarten Einberufung und Mitgliedschaft in der Waffen-SS als 17jähriger, sondern vor allem wegen seines höchst fragwürdigen, israelkritischen Prosa-Gedichts Was gesagt werden muss umstritten, bleibt er doch als gerühmter Autor der Blechtrommel unsterblich.
Wir danken abermals für die vielen Zuschriften und ermuntern alle, die uns gestanden haben zwar die grandiose Verfilmung der Blechtrommel von Volker Schlöndorff (1979) mit dem unvergleichlichen David Bennent als Oskar gesehen zu haben, das Buch aber nicht gelesen zu haben, eben jenes zu tun! Der Lockdown scheint noch ein bisschen anzudauern, bleibt also noch Zeit und obwohl die Verfilmung fraglos zu einer der ganz wenigen gelungenen Literaturverfilmungen gehört, ist selber Lesen, finden wir, immer nochmal ’n Schüppchen drauf!
Die Verfilmung im Playmobil-Format gibt’s natürlich auch und zwar hier: http://mwsommer.de/die-blechtrommel/
Puh, ganz schön viel Text diesmal, aber ist ja auch ein dickes Buch!
Also, bis Freitag grüßt herzlich das Literaturhaus Team!