Lesung zum
Gedenken an die Bücherverbrennung 1933
Verfolgt, verboten und verbrannt
Mittwoch, 24.05.2017, 19.00 Uhr
Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Steinstraße 50, Dortmund
Um an die verfolgten Autorinnen und Autoren zu erinnern, stellen Dortmunder Schriftstellerinnen und Schriftsteller eine oder einen der Verfolgten vor:
Erich Kästner
(1899-1974)
wird von Achim Albrecht vorgestellt
Roman- und Drehbuchautor, Theatermacher, Lyriker, Kabarettist und politischer Aktivist. Erhob seine Stimme gegen Militarismus, Intoleranz, heuchlerische Moralvorstellungen und die bürgerliche Fassade des totalitären Gedankengutes.
Kästner überdauerte die Zeit des Nationalsozialismus unter der öffentlichen Ächtung vieler seiner Werke und einem zeitweise absoluten Veröffentlichungsverbot. Er verharrte in Deutschland, schrieb unter Pseudonym, veröffentlichte im Ausland.
Seine Jugendbücher – von ‚Emil und die Detektive‘ bis zum ‚Fliegenden Klassenzimmer‘ – sind noch heute viel gelesene Klassiker.
Bis zu seinem Tod war Kästner ungebrochen in seinen Überzeugungen und seiner Schaffenskraft.
Walter Mehring
(1896-1981)
wird von Thomas Kade vorgestellt
Walter Mehring verhielt sich von Jugend an couragiert und oppositionell, wurde wegen unpatriotischen Verhaltens vom Gymnasium relegiert, machte extern das Abitur, studierte Kunstgeschichte. Die Avantgardegruppen von Dada und Expressionismus prägte er mit und schrieb satiri sche Gedichte und Lieder fürs Kabarett (Schall und Rauch, Größenwahn, Wilde Bühne). Als bekannter Gegner der Nazis musste er in der Nacht des Reichstagsbrandes fliehen, nach Paris, Wien, und in die USA, wo er isoliert und in Armut lebte. 1953 kehrte er nach Europa zurück, starb als Außenseiter und Unbehauster, „Staatenlos im Nirgendwo“, wie eines seiner Bücher heißt. Er hinterließ u.a. sein „Großes Ketzerbrevier“ – ein ganzes Menschenleben in lyrischer Form – und „Die verlorene Bibliothek“, in der er die Autobiografie seiner Kultur noch einmal aus dem Gedächtnis beschwor, eine lebendige Sammlung der Literaturen im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
Annette Kolb
(1870-1967)
wird von Ellen Widmaier vorgestellt
Annettes Mutter war eine französische Pianistin und die Verständigung zwischen Deutschen und Franzosen war für die binationale Schriftstellerin ein existentielles Anliegen, sie wurde mehrfach geehrt für ihre Verdienste.
1933 emigrierte Annette Kolb nach Paris und löste sich früh vom Deutschland der Nationalsozialisten; 1936 wurde sie französische Staatsbürgerin. 1941 floh die 71-Jährige nach New York. Nach dem Krieg lebte sie bis 1961 sowohl in Paris wie in München und Badenweiler und war bis ins hohe Alter hinein literarisch, musikalisch, journalistisch und politisch aktiv. Die viel gelesene Autorin war eine Stilistin ersten Ranges, ihre Werke („Daphne Herbst“, „Das Exemplar“, „Die Schaukel“ usw.) erschienen u.a. im S. Fischer-Verlag, preisgekrönt und verfilmt. Die Figuren und Schauplätze entstammen der europäischen High Society und dem Bildungsbürgertum. Bei der Kolb-Lektüre fasziniert auch heute noch die Beobachtungsgabe, der präzise und oft spöttische Blick auf die gesellschaftlichen Konventionen, aber auch die kritische und traurig-mutige Selbstreflexion der Außenseiterin, die nicht bereit ist, um der Liebe willen ihr freiheitliches Denken und Streben aufzugeben.
Irène Némirovsky
(1903-1942)
wird von Heike Wulf vorgestellt
Irène Némirovsky, geboren 1903, als Tochter eines reichen russisch-jüdischen Bankiers in Kiew. Vor der Oktoberrevolution flieht die Familie nach Paris. Irene heiratet den weißrussischen Bankier Michel Epstein, bekommt zwei Töchter und veröffentl icht ihren Roman „David Golder“, der sie schlagartig berühmt und zum Star der Pariser Literaturszene macht. Viele weitere Veröffentlichungen folgen. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht und die Deutschen auf Paris marschieren, flieht sie mit ihrem Mann und den Töchtern in die Provinz. Als Jüdin erhält sie während der Besetzung der Nazis Veröffentlichungsverbot. Am 13. Juli 1942 wird sie verhaftet. Keine vier Wochen später stirbt sie in Auschwitz. Ihre Töchter Denise und Elisabeth überleben und sorgen dafür, dass ihre Mutter nicht vergessen wird.
Eine Veranstaltung mit Unterstützung des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS Dortmund) und des Vereins für Literatur Dortmund
Organisation und Moderation / Fotos: Heike Wulf
Eintritt: frei
Mi 24. Mai 2017 • 19:00 Uhr
Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Steinstraße 50, Dortmund